Seiko und das Pferd …oder… jetzt reicht`s!

Es gibt Geschichten, die verfolgen einen ein Leben lang. Das hier ist so eine…

Einer unserer Gassiwege führt durch eine Sackgasse, an deren Ende ein Trampelpfad, vorbei an Pferdekoppeln links und rechts, in ein kleines Waldgebiet führt. Ich glaube, Seiko mag Pferde, obwohl sie ihm doch sehr groß erscheinen. Wenn wir an den Koppeln vorbeilaufen, hüpft und springt er gerne auf die Pferde zu, manchmal mit einem freudigen Bellen. Man kennt uns und die Pferde lassen sich von Seiko nicht aus der Ruhe bringen, sie sind sehr entspannt  – also darf er vor den Pferden herumspringen. Wenn sie ihren Hals über den Zaun strecken um zu schauen, was für ein vorlauter Hund die Ruhe stört, rümpft Seiko etwas die Nase – das ist ihm dann doch zu nah – und er sieht zu, dass er den Abstand vergrößert.

Eines Abends – es war noch hell – kamen wir auf dem Heimweg aus dem kleinen Wäldchen zu dem Trampelpfad, und da stand – ein Pferd. Mitten auf dem Weg! Ich mag Pferde auch, ich habe keine Angst vor ihnen, aber großen Respekt. Immerhin sind sie größer als ich und wiegen ein vielfaches von mir. Außerdem kann ich Pferde nun mal nicht „lesen“. Was also tun?

Der Weg außen herum wäre ein kilometerlanger Umweg gewesen. Außerdem wollte ich das Pferd nicht allein so nahe an der Straße lassen. Wem die Koppeln und / oder die Pferde gehörten, wusste ich auch nicht. Ich beschloss also, das Pferd zu fragen, auf welche Koppel es wollte. Natürlich versteht das Pferd (genau wie der Hund) kein Wort von dem, was ich sage, aber ich hoffte, dass Pferde – genau wie Hunde – die Intention meiner Worte wahrnehmen und wir uns irgendwie verständigen könnten.

Ein freundliches „sitz“ an meine Seite gerichtet und Seiko bewegte seinen Popo zu Boden, die Leine legte ich daneben, dann ging ich auf das Pferd zu und fragte, ob es auf die linke oder rechte Koppel wollte. Mein Plan schien zu funktionieren, er machte einen Schritt auf das rechte Gatter zu. Ob das Pferd da zu Hause war, wusste ich nicht, aber besser, als die Nacht auf der Straße zu verbringen.

Das Gatter war schwer mit Draht zusammen getüddelt – man man. Ich versuchte also, Anfang und Ende von dem Draht zu finden, als ich plötzlich einen warmen Atem in meinem Nacken spürte. Da Hunde ja auch vieles über den Geruch mit der Nase kennen lernen, machte ich mir (trotz Gänsehaut) keine Sorgen und versuchte das Drahtknäuel zu entwirren. Ich fluchte leise während das Pferd probierte, ob meine Haare nicht als Weideersatz dienen könnten. Mahlzeit.

Plötzlich erstarrte das Pferd. Es schien zu denken, „Nanu, die waren doch eben noch zu zweit hier?“ Seiko saß immer noch brav auf seinem Popo und beobachtete uns aus sicherer Entfernung. Das Pferd drehte seinen Kopf in Seikos  Richtung – und marschierte los. „Och nö“, dachte ich, aber wie man ein Pferd anhält wusste ich auch nicht und Seiko hatte ja genug Platz zum flüchten. Machte er aber nicht, Herrchen hat ja „sitz“ gesagt.

Das Pferd kam immer näher und Seikos Augen wurden immer größer. Ich traute meinen Augen nicht, genau wie bei mir schnupperte das Pferd in Seikos Nacken. Von Seiko keine Reaktion (außer die großen Augen), das hatte ich nicht erwartet. Ich war ziemlich stolz auf meinen Kleinen! Das Pferd schnuffelte ganz langsam den ganzen Hunderücken entlang. Ich konnte das überhaupt nicht glauben, was ich da zu sehen bekam. Aber als Herr Pferd an Seikos Hinterteil angekommen war, brach seine ganze Anspannung aus ihm heraus, mit einem lauten wau schnappte er in die Luft und machte einen großen Sprung in Richtung Wald, wo es ihm jetzt deutlich besser gefiel – ohne Pferd. Ich musste laut lachen und war trotzdem stolz auf meinen Seiko, hatte ich mit so einer Reaktion doch schon viel viel früher gerechnet.

Nachdem Herr Pferd nun also wusste, wer alles da ist, kam er wieder zu mir, um nun endlich auf die Koppel zu kommen. Auch ich schaffte meinen Job (immer noch grinsend) mit der Drahttüddelei und ließ das Pferd auf die Wiese.

Nachdem ich Seiko wieder im Wald eingesammelt hatte, lief er bis nach Hause freiwillig im „Fuß“ ganz nah an meiner Seite. Warum nur? 😉